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Ein Herbsttag
oder die Definition des Begriffes „GRAU“
Wollte ich eine Abhandlung über die Farbenlehre schreiben,
müßte ich zumindest ein Lexikon zur Hilfe nehmen
und meine Kenntnisse der Spektralanalyse auffrischen,
müßte über Additive und Subtraktive Farbmischung berichten
und käme zum Schluß unweigerlich zur Farbenpsychologie,
dem Zweig der modernen Psychologie,
in dem die Wirkung von Farben auf den Menschen untersucht wird.
Ich hätte mir die Einleitung sparen können
und gleich bei der Psychologie beginnen sollen,
will aber keine wissenschaftliche Erklärung geben
für einen Farbton, sondern ich will den Begriff,
eine Empfindung definieren, die ich mit „GRAU“ bezeichnen will.
Was ist grau?
Wer vermag es mir zu beantworten?
Ich müßte fragen, wie ist grau?
Grau ist ein Gemisch von Farben,
grau löscht alles aus-
grau ist Dunkel und Helligkeit,
grau hat alle Schattierungen des Lichtes und der Finsternis,
grau ist Schwermut und Trübsal,
grau ist Hoffnungslosigkeit und Leere.
Grau ist eine Station zwischen Leben und Tod!
Grau ist die Mitte von Gut und Böse.
Die meisten Menschen ertrinken im grau ihres Alltags.
Grau schafft Helden oder Feiglinge.
Grau ist eine Flucht ins Nichts oder die Sehnsucht nach Erlösung.
Für Sonnenkinder ist grau ein Abgrund,
für Kinder der Nacht ist auch grau schon ein Glück.
Grau ist eine Herausforderung, ein Zwang zur Entscheidung!
Ich hasse das grau ich muß es überwinden!
Ich kann nicht Leben ohne Licht und Wärme!
© Irmtraut Wollnik, Berlin